Claim: der beste Freund des Werbe­menschen.

Perspektiven

Claims, Slogans, Taglines, Straplines: Wenn man sich international über das unterhalten möchte, was man in Deutschland als „Claim“ bezeichnet, ist die Verwirrung groß. Denn die Bezeichnung gibt es nur hierzulande. Irgendwann in den 80ern hat sie sich bei deutschen Werbe­agenturen durchgesetzt und wird – ähnlich wie das Handy – als Schein-Anglizismus bezeichnet. Dabei ist das Bild, das das Wort kolportiert, ein richtig gutes.

Was ist ein Claim bzw. Slogan? Und woher kommt der Begriff?

Der Begriff „Claim“ bezeichnete ursprünglich den behaupteten Anspruch auf ein Stück Land. Goldrausch in den USA und Australien, Bergbau-Claims, Ölquelle gefunden: Wer in manchen Gebieten auf wertvolle Bodenschätze stieß und dabei Erster war, konnte sagen: „3-2-1-Meins!“. Und der Anspruch galt. Zumindest vorerst.
 
Genauso verhält es sich auch bei Marken-, Produkt- oder Kampagnenclaims. Werbe­agenturen und Unternehmen stecken hier ein Stück Land im Bewusstsein der Konsument*innen ab und sagen beispielsweise: „Im Automobilbereich stehen wir für Luxus.“ Wieder andere besetzen seit Jahrzehnten die Begriffe „Fahrspaß“, „Technik“, „Sicherheit“ und viele mehr. 
 
Wir überlassen es euch an dieser Stelle, die Marken Mercedes, Volvo, Audi und BMW den einzelnen Begriffen zuzuordnen. Es fällt nicht schwer, denn:

Ein Claim ist Corporate Identity, Purpose, USP, Markenkern oder Unter­nehmens­mission / -vision in wenigen Worten.

Ein Claim bringt auf den Punkt, was die Marke aus Ziel­gruppensicht auszeichnen soll. Es geht um den prägendsten Eindruck, den Kunden, potenzielle Mitarbeiter*innen oder die Öffentlichkeit mindestens mitnehmen sollen. Er soll zudem sehr klar vom Wettbewerb differenzieren.
Dazu muss der Claim möglichst einfach, verständlich, lebensnah und vielsagend sein. Und das in 1-8 Worten.
 
Klingt komplex? Ist es auch. Aber vielleicht helfen ein paar Beispiele:

Verschiedene Arten von Claims:

Ein Claim erfüllt viele Aufgaben. Er kann aber nicht alle erfüllen. Deshalb gibt es verschiedene Arten von Claims, die zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt werden. Hier sind einige davon:

Claim als Handlungsaufforderung:
Der Call-to-Action ist ein wichtiges Instrument in der Kommunikation. Warum ihn also nicht im Claim verankern, wo er doch bei jeder einzelnen Schaltung wiederholt wird? Beispiele hierfür sind „Just do it.“ von Nike, „Have it your way“ von Burger King, „Have a break, have a ...“ von KitKat, „Dann geh doch zu ...“ von Netto und viele, viele mehr.
Nicht immer müssen solche Claims als Imperativ geschrieben sein. „Du bist nicht du, wenn du hungrig bist.“ enthält beispielsweise die implizite Aufforderung „Sei dein bestes Ich – mit Snickers.“

Deskriptive Claims:
Ein neues Produkt, eine neue Marke kommt auf den Markt und für Kunden ist es nicht selbsterklärend, was sie davon erwarten sollen? Dann helfen deskriptive Claims. „Cola küsst Orange“ hat einst Mezzo Mix erklärt. „Quadratisch, praktisch, gut“ erzählt uns, worauf wir im langen Supermarktregal mit den Süßigkeiten achten sollen: auf die quadratische Verpackung. Und Tillman's Toastys „Don't call it Schnitzel...“ sagte uns: „Es ist sowas wie ein Schnitzel“.
„Broadcast yourself“ von YouTube ist übrigens ein Hybrid. Er beschreibt, was Nutzer mit dem Angebot erreichen können, enthält aber gleichzeitig eine Handlungsaufforderung.

Superlative Claims:
Keine Werbung ohne Superlative. Natürlich kommen auch Claims nicht ohne „das Beste“, „das Erste“ oder das „xy-ste“ aus. Und das ist völlig legitim, denn Differenzierung innerhalb einer Kategorie funktioniert sehr einfach in der Abgrenzung zu anderen. 
Disneyland ist beispielsweise „The happiest place on earth“, König Pilsener „Das König der Biere“ (ja, „das“ ist richtig) und Gillette nur „Für das Beste im Mann“ da.

Kundenzentrierte Claims:
„What's in for me?“ ist die Frage, die Marken ihren Kunden, aber inzwischen auch (potenziellen) Mitarbeiter*innen regelmäßig beantworten müssen. Warum also nicht für alle sichtbar im Claim? Kundenzentrierte Claims machen genau das und haben häufig ein Kompliment an die eigene Ziel­gruppe im Gepäck. „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“ der FAZ ist solch ein Beispiel. „Wissensgewinn“ ist das implizite Leistungsversprechen, „Kluger Kopf“ das Kompliment an die eigenen Leser*innen. „Freude am Fahren“ von BMW ist ein eher geradliniger, aber sehr klarer Ansatz, „3-2-1-meins!“ von eBay eine sehr emotionale Übersetzung des Auktionsgefühls.

Nach innen gewandte Claims:
Claims müssen sich nicht immer nur an die Käuferschaft wenden. Manchmal sind sie auch oder ausschließlich für das eigene Unternehmen gedacht. „Think different“ von Apple ist wohl das berühmteste Beispiel. Der Kauf eines Apple-Produktes differenzierte nicht nur Kunden von allen Nicht-Käufern („Wenn du kein iPhone hast, hast du kein iPhone.“). Es war auch das Motto der Pro­dukt­ent­wick­lung bei Apple. 
Der langjährige und inoffizielle Claim Googles, „Don't be evil“, ist ein weiteres Beispiel für einen Slogan, der vor allem eine Unternehmenskultur prägen soll. Und auch eine berühmte Werbe­agentur aus Köln, genauer: aus der Marzellenstraße, prägt mit „Wider das Immergleiche“ eine interne Kultur des Hinterfragens.

Das sind die am häufigsten eingesetzten Arten von Claims. Natürlich gibt es daneben noch weitere Einsatzzwecke und interne Hierarchien (Marken- und Kampagnenclaims), aber fürs Erste muss das reichen. Mit dem Zweiten sieht man sowieso besser.

Claims sind ein wertvolles Kommunikations-Asset.

Claims, Slogans oder wie auch immer man sie nennen möchte, können ein extrem mächtiges Kommunikationswerkzeug sein. Denn sie geben dem Markenauftritt eine Mitte und damit Konsistenz. Diese Konsistenz ist wichtig, denn für alle Stakeholder der Marke bedeutet sie Verlässlichkeit, Vertrauen und ein sehr scharf gezeichnetes Bild des Markenversprechens. 

Was einen wirklich guten Claim auszeichnet, warum Claims interpretationsbedürftig sein müssen und weshalb sie Zeit benötigen, um sich zu entwickeln, klären wir in einem zweiten Teil. Und der wird hier verlinkt, sobald er fertig ist.